Was bedeutet eigentlich FREIE ARZTWAHL ?



In der Diskussion gilt es zu Unterscheiden zwischen:
A: Freier Wahl der Versorgungsebene (A1) und des Versorgungssegmentes (A2). Und
B: Freier Wahl eines Arzt des persönlichen Vertrauens innerhalb der für die jeweiligen Probleme sinnvollen Versorgungsebenen und Versorgungssegmente.

A1: Freie Wahl der Versorgungsebene würde bedeuten, daß der Patient autonom entscheidet, auf welcher Versorgungsebene er beispielsweise seine Grippe behandeln lässt:
- beim Hausarzt (Ebene 1),
- beim HNO-Arzt (Ebene 2),
- beim niedergelassenen Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie (Ebene 3),
- in der Krankenhausambulanz für Infektiologie (Ebene 4),
- stationär auf der Infektionsabteilung (Ebene 5),
- oder sicherheitshalber gleich auf der Intensivstation (Ebene 6).

A2: Freie Wahl des Versorgungssegmentes würde (bei diesem Beispiel für Ebene 2) bedeuten, der Patient entscheidet autonom wo er seine Grippe behandeln lässt:
- beim Nervenarzt (wegen Kopfschmerz)
- beim Augenarzt (wegen Augenbrennen)
- beim Orthopäden (wegen Gliederschmerz)
- beim Gynäkologen (wegen Bauchschmerz)
- beim Lungenarzt (wegen Husten)
- beim HNO - Arzt (wegen Halsschmerz)

Das oben durchgespielte Beispiel erscheint in doppeltem Sinne absurd: So dumm ist der Patient doch nicht, daß er für seine Grippe nicht autonom die richtige Ebene und das richtige Segment erkennen würde ! - Eine Aussage die überwiegend zutrifft.

Nur gibt es Symptome und Krankheiten die für den Patienten weitaus schwerer zuzuordnen sind. Außerdem entfaltet sich die hohe Kunst der Medizin erst im sinnvollen Zusammenspiel zwischen den verschiedenen Ebenen und Segmenten. - Und hier genau steht die Diskussion:

Wer soll wann, unter welchen Voraussetzungen, mit dem Patienten gemeinsam, sofern notwendig, die sinnvolle Zusammenarbeit der verschiedenen Ebenen und Segmente organisieren?

B: Die freie Arztwahl des Patienten innerhalb eines zuvor sachverständig ausgewählten Versorgungsegmentes sollte für uns Ärzte selbstverständliche Ehrensache sein!
Dieses Patientenrecht wird zur Zeit in folgenden Situationen, in aller Regel, nicht realisiert:
- im Notdienst.
- in den Krankenhausambulanzen.
- bei der stationären Versorgung.

Dieses wichtige Patientenrecht soll außerdem, in den (ach so modernen) "Ärztenetzen" weitgehend abgeschafft werden !



Peter Hach (Allgemeinarzt)
Johannesgasse 1; 76275 Ettlingen
den 24. Februar 1999


Diskussionsbeiträge:



Diskussionsbeitrag von Isa Siebert (22.Februar 99) :

Die Frage, zu welchem Arzt ich bei gesundheitlichen Problemen gehe stellte sich für mich bisher nicht, weil ich grundsätzlich erst zu meinem Hausarzt=Allgemeinarzt gehe. Dieser kennt mich im Laufe der Zeit umfassend (erspart mir auch jedesmal von Neuem zu erzählen, welche Krankheiten, Operationen oder sonstige Gebrechen ich hatte bzw. in meiner Familie vorkamen),und durch sein allgemein-umfassendes Wissen, konzentriert er sich bei der Behandlung nicht nur auf meinen z.B. Kopfschmerz, sondern erkennt/forscht hieraus auch nach anderen Ursachen/Gründen.

Für mich ist es eine selbstverständliche Vertrauenssache meines Arztes gegenüber, daß dieser mich, sollte er mit seinem "Latein am Ende sein" und es für notwendig erachten, einen Facharzt (spezifisches Problem/spezifischer Arzt) hinzuzieht....

Warum ich es noch für notwendig halte, daß Ärzte sich gegenseitig nicht nur informieren, sondern darauf abgestimmt sein sollten, wer sogenannter "erster Ansprechpartner" in allen gesundheitlichen Dingen ist, konnte ich vor ein paar Jahren am eigenen Leib erfahren:...

... Auch hier hatten wir eine fachärztliche Behandlung, ohne Information an den Hausarzt. Zeit, Kosten und Mühe hätten jedem von uns - Arzt, Patient, Kassen - erspart werden können.

Desweiteren habe ich beruflich mit "Betriebsunfällen" zu tun, so daß mir bekannt ist, daß bei einem Betriebsunfall der Verletzte erst zu einem "Durchgangsarzt" muß. Auch hier wieder die Frage: Warum? Dieser Arzt kennt den Patienten und dessen evtl. schon vorhandenen "Gebrechen" nicht (die evtl. durch diesen Unfall in Mitleidenschaft gezogen wurden und damit eine ganzheitliche Behandlung notwendig machten und veranlaßt werden könnte) und hat auch nicht in dem Maß das Vertrauen, welches sich der Hausarzt doch mit der Zeit "erarbeitet" hat und die grundsätzliche Basis zwischen Arzt und Patient darstellt. (in der Buchhaltung heißt es "keine Buchung ohne Beleg", ich behaupte "keine Behandlung ohne Vertrauen").

Liebe Grüße Isa

Der vollständige Diskussionsbeitrag von Isa Siebert


Zur Startseite von medikus.de Zum Thema Schweigepflicht